Monarchie im dritten Jahrtausend,
Chancen und Risiken, Vortrag von lic. phil. René Häusler anlässlich der Mitgliederversammlung von Tradition und Leben 20.5.2000 Mainz/Wiesbaden
Herr Erster Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe
Freunde von Tradition und Leben!
Was soll dies auf den ersten Blick fast "schöngeistig-irrelevant" anmutende
Thema, so mag sich mancher außerhalb unseres Kreises verständnislos fragen,
in einer Zeit, da noch unlängst der Blutterror in Tschetschenien Familien
und politische Gemeinwesen zerrissen hat, in den Philippinen Geiseln
genommen wurden, und vielerorts, wie etwa in Burma immer noch militärische
Gewaltherrschaften ihre häßliche Fratze zeigen. Ganz zu schweigen von der
Tragik, dass in vielen Teilen der Welt, die Natur vor lauter menschlicher
Gedankenlosigkeit unbeachtet und lautlos vor sich hin stirbt?
Muss man einer solchen Welt - an der Schwelle zum dritten Jahrtausend -
(auch thematisch) erst abhanden kommen, um sie überhaupt noch zu ertragen? -
Mitnichten!
Denn, zum einen war dieser Planet seit Menschengedenken noch nie ein Ort
paradiesischer Ruhe und Eintracht, und zum anderen mag man die erwähnten
Zeiterscheinungen durchaus auch als eine Art Symptome verstehen; Symptome
einer zwar technologisch Triumphe feiernden, sozio-psychologisch jedoch
eigentlich kranken, weil zutiefst wertverunsicherten, zutiefst rat- und
orientierungslosen, - ja zutiefst erbarmungslosen Welt.
Alles hat bekanntlich seinen Preis! Und der eben zitierte Zustand ist in
weiten Teilen wohl auch nichts anderes, als eine weitere Konsequenz jenes
vermeintlich großen Fortschritts erzrationalen, westeuropäischen Geistes,
welcher sich - trotz unbestrittener Verdienste in den Bereichen Technik,
Menschenrechte, allgemeiner Wohlstand und Wissenschaften/Bildung - auf
vielen Gebieten immer mehr als Phyrrussieg erweist und seine Protagonisten
als erbärmliche Zauberlehrlinge entlarvt. Die Rede ist von der Entzauberung,
der Entmythologisierung der Welt, - jener Errungenschaft
kulturrevolutionären Wütens, das seit 1789 grassiert und 1968 weltweit in
einer Auflehnung gegen vermeintlich überkommene Werte, Tabus und
Autoritäten, ja in einer eigentlichen Umwertung aller Werte in sämtlichen
Lebensbereichen gipfelte und damit dem fatalen Glauben huldigte, dass der
Zweifel, das Infragestellen allein als Lebensgrundlage genüge.
Sie tun es nicht, wie wir heut' wissen und schmerzlich fühlen müssen. Denn -
da wir den Glauben durch den Zweifel kalt verstießen, woraus ersteht uns
neuer Halt? Da noch von fern die Totenglocken des letzten Wahns
hinüberklingen - Marxismus war sein Name - worin vermuten wir nun Heil? Und
da Vernunft und Logik sich letztlich im Methodischen erschöpfen, woher
erhoffen wir uns Sinn?
Sicher - Logik mag bestechen, aber sie berührt nicht. Indem wir mit ihrer
Hilfe das Göttliche aus der Schöpfung verjagten, verloren wir vor dieser den
Respekt. Und damit eröffneten wir der Zerstörung Tor und Tür. Nicht nur die
Umwelt zahlt als Opfer, sondern auch der Mitmensch, dem wir vielerorts kaum
eine Grausamkeit ersparen. Was sollten wir auch fürchten? - Dies sollten wir
nicht fürchten?!
Woher erhellt uns also Licht den Weg aus diesem Labyrinth der
Unsicherheit/Angst, emotionalen Armut, Verrohung, der sozialen
Zerrissenheit, Intoleranz und Gewalt, in dem sich vor allem unsere
abendländische Welt auswegslos verirrt zu haben scheint?
Leere herrscht und Mangel an inhaltlicher Vision.
Nie waren überzeugende Visionen so nötig wie heute und nie waren sie auch so
selten.
Welch absurde Idee, sie von den Trendforschern zu erhoffen! Jenen modernen
Auguren umfragegläubiger Welt, deren Sensorium ein "Cocooning" (1) erspürt -
ein Zurückziehen des Menschen in eine computergesteuerte, "virtual reality",
die sich in den eigenen vier Wänden abspielt. Was kann dies anderes sein,
als eine moderne Form der Apokalypse?
Menschen, die, völlig auf sich selbst bezogen, nur noch in einer künstlichen
Realität existieren, werden unfähig sein, mit ihren Mitmenschen zu
kommunizieren, auf ihre Bedürfnisse einzugehen, sich mit ihnen zu
arrangieren. Ihnen fehlt die Sozialisierung und das wäre letztlich das Ende
aller Gemeinwesen.
Nein! Nur eine Warnung, nicht eine Vision kann von den Trendforschern
kommen.
Woher also kommt Orientierungshilfe in einer Zeit, welcher der Zauber fehlt
und die sich der hilfreichen Kraft des Mythos so hochmütig verschließt?
Lässt sich kein Faden der Ariadne finden?
Vielleicht doch, wenn wir an der richtigen Stelle suchen!
Doch dies verlangt zuerst Besinnung - Besinnung, um unser Auge und unseren
Verstand zu schärfen. Denn z.Z. sehen wir nur, was wir sehen wollen und
nicht, was wirklich ist. Oder, sollten wir am Ende gar die Augen schließen,
um besser zu sehen?
Mit Sicherheit! Denn glauben Sie mir, nicht nur das "Reich Gottes", wie
Tolstoi einst so bewegend erkannte, auch die Antwort auf unsere Fragen - der
Faden der Ariadne - liegt in uns selbst. Und nur in uns.
Fehlentwicklungen und Unmenschlichkeit unserer Zeit sind nichts anderes als
Ausdruck eines Irrtums - eines Irrtums über uns selbst - über unsere Natur
und Psyche. Nur in der Klärung dieses Irrtums, im unvoreingenommenen
Erforschen und Erkennen dessen, was wir wirklich sind und demzufolge auch
bedürfen, in dem also, was uns gemäß ist, liegt der Ansatz für eine
überzeugende Vision, auch im Gesellschaftlichen und Politischen.
Und da der Mensch bekanntlich nicht vom Brot alleine lebt, muss eine ihm
gemäße Vision somit aus drei Quellen schöpfen - aus der Psychologie, die
sagt, was wir bedürfen, aus der Religion, die sagt, wie wir sein sollen und
aus der Geschichte, die weiß, wie wir sind.
* * *
Alle drei genannten Größen sind, und wir ahnen es alle, einer Staatsform
inhärent, von der wir heute Abend sprechen wollen, nämlich der
demokratischen Monarchie. 1200 Jahre nach der Krönung Karls des Großen zum
Römischen Kaiser und 2000 Jahre nach Christi Geburt wollen wir nicht nur
herausfinden, ob allenfalls sie uns aus dem einleitend dargestellten
Labyrinth befreien könnte, sondern auch ausloten, wo ihre Risiken und
Chancen hierfür liegen.
Lassen Sie uns systematisch vorgehen, wobei wir zuerst bestimmen wollen, wo
Chancen und Risiken grundsätzlich liegen, bevor wir dann dazu übergehen
werden, diese im einzelnen zu identifizieren und zu beschreiben.
* * *
Chancen und Risiken der Monarchie auch im dritten Jahrtausend entspringen
oder liegen in 2 Grundfaktoren:
1) dem Monarchen oder Thronanwärter selber rsp. in seinem Charakter und
seinen Fähigkeiten
2) in den verfassungsrechtlichen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen
Gegebenheiten jenes Landes, in dem der Monarch regiert rsp. in welchem der
Thronanwärter einen einstmals verlorenen Thron wieder zurückerlangen möchte,
sowie im allgemeinen weltpolitschen Zustand.
Dies sind übrigens zwei ganz verschiedene Szenarien. Um einen Thron
zurückzuerlangen braucht es eine andere Persönlichkeit und ein anderes
Umfeld als nur auf einen bereits bestehenden und verfassungsmäßig
gesicherten Thron nachzufolgen; bzw. König zu werden in einer Nochnicht-
oder Nichtmehr- Monarchie ist schwieriger und etwas anderes als König zu
werden rsp. zu sein in einer bestehenden Monarchie.
Deshalb werden wir hier auch klar unterscheiden und die Unterschiede
aufzeigen. .
* * *
1) Beginnen wir mit den Chancen der Monarchie, die sich aus dem Charakter
des Königs für die Staatsform ergeben und dies muss heißen, dass es dem
König gelingt, die Mehrheit der Staatsbürger als Anhänger der Monarchie zu
bewahren und weitere als Anhänger zu gewinnen. D.h. es muss ihm gelingen,
die monarchische Staatsform als so natürlich und passend für sein Land
erscheinen zu lassen, dass ein Infragestellen der Staatsform geradezu als
absurd empfunden würde.
Erlauben Sie mir hierzu folgende Bemerkungen:
Eine der wichtigsten Anforderungen an den modernen König oder Thronanwärter
wird sein, dass seine Persönlichkeit befähigt ist, neben den
verfassungsmäßigen Pflichten auch jene Rollenanforderungen perfekt zu
erfüllen, die ich in meinem Buch "Herrscher der Herzen?" aufgezeigt habe.
Davon hängt wesentlich ab, wieweit das Königtum auch in einer säkularen Welt
überlebt. (2)
Diese hier identifizierten Rollen rsp. ihre einwandfreie Erfüllung haben
wohl seit dem Siegeszug des Parlamentarismus und der Medien in einem fast
unmerklich ablaufenden, ja geradezu schleichenden Prozess auch eine Art
legitimierenden Charakter erhalten. Dies merkt man daran, dass sich bei
ihrer mangelhaften Ausübung, d.h. also bei ihrer Nichterfüllung Enttäuschung
und Unzufriedenheit ja ein eigentlicher "Liebesentzug" zeigen, welcher in
einer Infragestellung königlicher Privilegien respektive des monarchischen
Systems insgesamt gipfeln kann. Die 1996 ergriffenen Maßnahmen der
britischen Königin Elisabeth II. zur Begrenzung der Auswirkungen der damals
zahlreichen Skandale in ihrer Familie durch Zahlung von Steuern, Reduktion
der Bezugsberechtigten von staatlicher Apanage etc.), also
"Schadensbegrenzung durch Beschwichtigung" unterstreichen diese Aussage.
Gleichzeitig bildet die einwandfreie Erfüllung der erwähnten
Rollenanforderungen auch eine Art "Machtquelle" für den Monarchen.
Eine Macht, die jedoch eher moralischer Art ist, sich gegebenenfalls auf
große Popularität stützt und im politischen Alltag wohl zu bedeutendem
"Einfluss hinter den Kulissen" führt. Gleichzeitig wird dadurch die
Verankerung des monarchischen Systems gefestigt und das Verbleiben der
Dynastie gesichert.
Wenngleich der Monarch nicht in billige Popularitätshascherei verfallen
darf, so hat er wohl doch ein Gespür für die Bedürfnisse der Menschen zu
entwickeln. Auf diese Bedürfnisse sind auch Protokoll und "Traditionen"
auszurichten und gegebenenfalls anzupassen respektive zu modernisieren. Das
Königtum hat sich deshalb flexibel zu zeigen. Um den Inhalt zu wahren, ist
die Form, wenn nötig, zeitgemäß zu verändern.
Ein solcher, Gespür zeigender und sich nicht in den Vordergrund spielender
König könnte grundsätzlich sehr viel Boden für die Monarchie gutmachen, auch
in Ländern, die sie nicht oder nicht mehr als Staatsform kennen und vor
allem zur Lösung aktueller gesellschafts- und staatspolitischer Probleme
beitragen.
Gerade der mit Hilfe des Parlamentarismus ermöglichte Rückzug des Königtums
aus den Bezirken der Macht ins Mythisch-Ideelle verschaffte der Institution
den dazu nötigen Freiraum, den Respekt und die dafür unabdingbare
(gesellschafts-)politische Glaubwürdigkeit (vgl. Spanien 1981 oder Thailand
1992).
Jenseits tagespolitischer Niederungen (Wahlkämpfe, Parteienschacher etc.)
kann sich der Monarch den wesentlichen, generationsübergreifenden Werten,
Themen und Notwendigkeiten widmen - wie sie die Verfassungen vieler Länder
zwar kennen, aber selten realisieren - und die gesellschaftlichen Gruppen zu
ausgleichender Fairness mahnen und ermutigen.
Erfolg in letzterem jedoch bedingt einen gewissen Einfluss, über den der
Monarch allerdings nicht via Machtmittel, sondern als Ergebnis erworbener
Achtung verfügen muss. Zu letzterem muss er jedoch charakterlich fähig sein.
Der König darf also nicht dem falschen Ehrgeiz erliegen, um jeden Preis
sichtbar eine politische Rolle spielen zu wollen, damit erweist er der
Monarchie einen Bärendienst. Wenn er sie schon spielen muss oder die
Situation ihn dazu drängt, dann bitte mit Fingerspitzengefühl und nicht
aufdringlich sichtbar.
Unabdingbar ist hierfür so oder so die ethisch-moralische Integrität des
Monarchen und seiner Familienmitglieder. Diese muss insbesondere über eine
zielgerichtete Erziehung und Ausbildung mit entsprechender
Persönlichkeitsbildung erreicht werden. Mit diesem Rüstzeug und mit Hilfe
der Erfahrung, die er in Vorbereitung auf sein Amt von Geburt an sammeln
kann, hat sich der König die Achtung und den Respekt der Gemeinschaft zu
erringen, welche, wie vorhin erwähnt, die Basis seines Einflusses bilden.
Auch die Umgebung, in welcher seine Kinder aufwachsen ist sorgfältig
auszuwählen. Es schadet der Monarchie, wenn, wie nun in England vorgekommen,
die Freunde des Thronfolgersohnes als "Junkies", d.h. als
kokainkonsumierende Personen, entlarvt werden.
Wichtig ist überdies, dass sich der König in der Tat als "Mitte" der
Gemeinschaft und nicht (nur) als Spitze der Gesellschaftspyramide versteht.
Gleichzeitig jedoch hat er eine gewisse natürliche Distanz zu wahren, welche
die Menschen von dieser Instanz auch erwarten, und nicht ungebührlicher
Anbiederung oder billiger Popularitätshascherei zu verfallen.
Grundlegende Kenntnis über die eigene Stellung sowie den Umgang mit den
modernen Massenmedien sind hierzu unabdingbar.
Er sollte ferner intellektuell fähig sein, gesellschaftliche und ethische
Visionen zu entwerfen oder auf ebensolche Mißstände hinzuweisen. Vielleicht
in einer jährlichen Grundsatzrede, falls ihm dies die Verfassung erlaubt.
* * *
Die Monarchie des 20. Jahrhunderts ist mit Hilfe des Parlamentarismus zu
einer "psychologischen" Staatsform geworden, in welcher der König als Träger
der "Mitte" einer Gemeinschaft über den Mythos (gesellschafts-)politisch
wirkt, ohne aber wirklich politisch zu sein. Darüber sollte sich jeder König
klar sein.
Politische Ambitionen sind somit gefährlich (man vergleiche die
diesbezüglich destabilisierende Wirkung in Liechtenstein und den Verlust des
Thrones in Griechenland 1967). Denn betreibt der Monarch (wieder) aktiv
Politik, verliert er die Mitte und die Monarchie ihren Zauber und ihre
integrierende Kraft - und damit letztlich wohl auch ihre neue
gesellschaftspolitische Existenzberechtigung.
Soweit zum König in einer bestehenden Monarchie.
* * *
Ein Thronanwärter einer ehemaligen Monarchie, rsp. ein Exil-König, der
ernsthaft an eine Rückeroberung des Thrones denkt, hat noch einige andere
Eigenschaften aufzuweisen.
Er muss erstens Mut und Offenheit beweisen und Klarheit über sein Ziel
schaffen.
Er muss es auch gut begründen können. Er braucht somit eine klare
Vorstellung von den Vorteilen und Vorzügen der demokratischen Monarchie und
den Stärken eines Monarchen. Er braucht ein eigentliches
monarchisch-demokratisches Manifest, das fesselt und besticht. Nur so kann
er das Terrain für eine erfolgreiche Rückkehr vor-bereiten und Anhänger um
sich scharen.
Gleichzeitig muss er fähig sein, eine Organisation auf die Beine zu stellen,
die über genügend finanzielle, intellektuelle und personelle Ressourcen
verfügt, um eine solche "Rückeroberung" zu planen und durchzuführen. Eine
Rückeroberung ist wie ein Wahlkampf, nur etwas delikater, etwas riskanter
und langfristiger. Der Thronanwärter muss Ausstrahlung, ja Charisma und
Menschenkenntnis haben, denn er muss Menschen von sich und seiner Sache
überzeugen und die richtigen für die verschiedenen Schlüsselpositionen in
seiner Kampagne gewinnen bzw. auswählen können.
Denn, nachdem er einmal seine Absicht kundgetan und die entsprechenden
Mitstreiter ausgewählt hat, ist es vor allem an letzteren, für ihn das
Terrain zu ebnen.
In europäischen Ländern, so auch etwa in Bulgarien oder Rumänien, hat eine
Rückeroberung sowieso nur über eine Volksabstimmung eine Chance, weshalb
erstens erreicht werden muss, dass eine solche Abstimmung überhaupt
angesetzt wird und zweitens sind die Gegebenheiten so zu beeinflussen, dass
sie auch gewonnen wird.
Eine Niederlage nämlich wäre fatal (siehe Griechenland), da sie ein Comeback
um Jahre, wenn nicht weitere Jahrzehnte verunmöglichen würde.
Gerade in den erwähnten Ländern müssten sich die Thronanwärter beim
breiteren, jüngeren Volk, dem sie über -zig Jahre verschwiegen oder madig
gemacht worden sind, wohl erst wieder bekannt machen.
Dies setzt beim Thronanwärter, aber vor allem auch bei seinen
Schlüsselhelfern, nicht nur ein starkes kommunikatorisches und rhetorisches,
ja sogar politisches Talent voraus, sondern auch einen langen Atem und eine
große Vertrautheit mit den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen
in seinem Land. Es ist also unabdingbar, dass er und die seinen die Medien
und lokalen Meinungsführer für sich einzuspannen wissen und wichtige
politische Parteien für sich gewinnen können, ohne sich jedoch von ihnen
vereinnahmen zu lassen.
Kurz: Die Rückeroberung ist eine eigentliche Generalstabsübung und muss auch
so geplant und durchgeführt werden.
Der Thronanwärter unterscheidet sich somit in dieser Phase nur graduell und
wohl im Stil von einem Politiker in einem Wahlkampf, aber unterscheidet sich
eminent von einem König, der bereits den Thron innehat.
Dennoch muss er beide Charaktere in sich vereinen: den Kämpfer und den
Integrator und spüren, wann welcher gefragt ist. Alles hat bekanntlich seine
Zeit. Aber, der Thronanwärter muss trotzdem schon in der Zeit der
"kämpferischen" Rückeroberung den Integrator glaubwürdig durchblicken
lassen. Schließlich ist er dann einmal König aller Bürger (und ich sage
bewusst nicht Untertanen, denn diese Sichtweise ist vorbei).
* * *
2) Kommen wir zu den Risiken im Charakter rsp. in der Persönlichkeit
a) Risiken für den herrschenden König
Die Risiken liegen für einen König darin, dass er die Erwartungen, die sich
aus den verfassungsmäßigen Pflichten und aus den psychologischen Rollen
ergeben, nicht oder nur mangelhaft zu erfüllen weiß, weil er entweder nicht
über die nötigen intellektuellen Fähigkeiten und den Spürsinn oder die
verlangte moralische Integrität verfügt. Vielleicht ist er auch unfähig, mit
den Medien sinnvoll (und nicht als Schläger) zu kommunizieren oder ist sonst
Öffentlichkeitsscheu, was für die Monarchie fatal ist (man denke an die
lange Abstinenz von Königin Viktoria von England nach dem Tod von Prinz
Albert, welche der Monarchie sehr geschadet hat). Damals half nur der Trick
von Premierminister Disraeli (Krönung Viktorias zur Kaiserin von Indien)
diesem selbstgewählten inneren Exil ein Ende zu bereiten. Auch Lord
Mountbatten wusste um diesen Umstand, weshalb er Prinz Charles einmal
eröffnete:" In dieser Branche kannst Du kein schüchternes Veilchen sein."
(3)
Ein weiteres Risiko liegt darin, dass der König oder Thronfolger nicht
bereit oder geeignet ist, sein Privatleben völlig hintenanzustellen und für
den Staat und die Gesellschaft zu opfern. Die Verlockungen, nur von den
wirtschaftlichen Vorteilen profitieren zu wollen (also ein schönes,
finanziell unabhängiges Leben zu führen), und dafür aber nichts zu geben
(keine Pflichten übernehmen), ist wohl heutzutage nicht zu unterschätzen.
(In Klammer sei nur bemerkt: Genau diese Verlockung hält recht viele
Mitglieder des Adels davon ab, wieder aktiv eine gesellschaftliche
Verantwortung zu übernehmen).
Wenn ein König gar am Sinn der Monarchie zweifelt, wie weiland die berühmte
Sissi von Österreich, (die sich und ihresgleichen nur als Schmarotzer
gesehen hat), so dürfte er oder sie auch fehl am Platze sein.
b) Risiken in der Persönlichkeit des Thronanwärters
Diese Risiken gilt es ganz besonders bei einem Exil-König oder Kronprinzen
im Auge zu behalten, denn, aufgrund unserer obigen Analyse sind in diesem
Fall die persönlichkeitsinhärenten "Tretminen" noch viel zahlreicher und vor
allem wirken sie sich dahingehend gravierend aus, dass niemand an die
Rückkehr der Monarchie glaubt bzw. niemand bereit ist, sich für einen
solchen Thronfolger dafür einzusetzen.
Auf einen kurzen Nenner gebracht: Die Risiken für die Monarchie im 3.
Jahrtausend liegen zum einen in einem intellektuellen und/oder
charakterlichen Defizit des Königs oder Thronanwärters.
3) Chancen im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umfeld
Wie so oft (z.B. bei Parteien) gilt auch bei der Monarchie das Gesetz, dass
neben den eigenen Stärken auch die Schwäche des Gegenübers als Chance
gesehen werden kann.
a) In den bestehenden Monarchien
Je mehr aus den tagespolitischen Ereignissen klar wird, wie notwendig ein
überparteiliches Staatsoberhaupt ist, umso eher kann von einer langlebigen
Monarchie ausgegangen werden.
Ferner trägt auch ein fähiges Krisenmanagement des Königs im Falle von
unklaren Wahlausgängen (Bestimmung der richtigen Person zur
Regierungsbildung) wie es z.B. Königin Beatrix vor einiger Zeit mit Wim Kox
gelang, eine große Rolle, da sie die Achtung und Ehrerbietung gegenüber dem
König vertieft. In einer von Parteien beherrschten Demokratie muss der König
zudem die Chance wahrnehmen, Hüter des Allgemeinwohls zu sein (rsp. zu
werden), damit der parteipolitische Finanz- und Machtegoismus dem Staate und
seinen Bürgern letztlich nicht schadet. Es ist jedoch wichtig, wie er den
"Filz" aufzulösen gedenkt. Ich persönlich halte die Brachialgewalt, mit der
der Fürst von Liechtenstein dies versucht zwar für respekterheischend,
jedoch für das System auch für gefährlich und letztlich womöglich
kontraproduktiv. Die Methode gefährdet das monarchische System selbst. Ich
persönlich rate zu mehr Souplesse und List.
Weitere Chancen im Umfeld ergeben sich für den König darin, wichtige Themen
zu besetzen (Caritas, Umweltschutz, Gerechtigkeit etc) und sie geschickt
vorzuleben oder zu propagieren, ohne daraus gleich einen politischen Feldzug
zu konstruieren.
Generell denke ich, kommt einem monarchisch-demokratischen Staatswesen
unsere Zeit entgegen.
Denn es ist wohl unbestritten, dass die heutige, geradezu rasante
Entwicklung im technisch-wissenschaftlichen Bereich und die Geschwindigkeit
und Intensität des politisch-gesellschaftlichen Wandels auf internationaler
Ebene, die in der Geschichte ihresgleichen suchen, von vielen Menschen
innerlich kaum mehr verarbeitet werden können.
"Unsere Seelen sind uns nicht nachgekommen" charakterisierten einmal
Amazonas-Indianer im übertragenen Sinn eine solche Situation. (4)
Probleme und Merkmale moderner Industriegesellschaften
Aber es sind nicht nur diese rapiden Veränderungen, die den Menschen zu
überfordern beginnen. Er sieht sich als Teil einer modernen und komplexen
Industriegesellschaft auch konfrontiert mit deren systemimmanenten
gesellschaftlichen Strukturen, die, stichwortartig zusammengefaßt, unter
anderem in harten Wirtschaftszyklen mit zum Teil sozial gnadenlosen
Strukturbereinigungen, und, wie einleitend schon erwähnt, einem Verfall
respektive einer "Umwertung" aller Werte und Autoritäten, der Überbetonung
des Technisch-Materiellen, der Zunahme der Problem-komplexität bei
gleichzeitiger Abnahme der Lösungskapazität, dem Vorherrschen seelenloser
Abstraktionen und egoistischer Partikularinteressen sowie der
Vernachlässigung respektive Geringschätzung der seelisch-geistigen, ideellen
Bedürfnisse des Menschen ihre Ausprägung finden.
Diese Faktoren jedoch wirken nicht nur auf den einzelnen, sie bedrohen auch
die innere Kohäsion insbesondere jener Gemeinwesen respektive Staaten, die
sich aus verschiedenen Volksgruppen zusammensetzen und somit ethnisch und
kulturell stark segmentiert sind. Eine Heterogenität, welche durch die
aktuelle internationale Migration (Flüchtlinge) noch verstärkt wird.
Zu dieser Segmentierung gesellt sich ferner jene allgemeine, ungeheure
Ausdifferenzierung, welche die Gesellschaft moderner Industriestaaten in
allen Bereichen (Bildung, sozialem Status, z.B. Arbeitende und Arbeitslose
etc.) heute kennzeichnet. Die Gesellschaft beginnt sich ganz eigentlich zu
atomisieren. Unterstützt wird diese unheilvolle Entwicklung hin zu
"isolierten Zellen" ferner durch einen Trend, den die Trendforscherin Faith
Popcorn, "Cocooning" in einer "Virtual reality" nannte, in der
zwischenmenschliche Kommunikation nicht mehr nötig scheint, womit die
Existenz aller Gemeinwesen in ihrem Kern bedroht ist. (5)
Eine der Voraussetzungen zu einer solchen Entwicklung war nicht zuletzt die
große Idee der Aufklärung, durch welche der einzelne Mensch in den
Mittelpunkt gestellt wurde. Das Individuum und seine Bedürfnisse erfuhren
gegenüber der Gemeinschaft eine beachtliche Aufwertung. Toleranz gegenüber
der Individualität des Nächsten wurde zum Gebot.
Doch die Zunahme der inneren Vielfalt geht heute vielfach einher mit einer
Abnahme an Gemeinsamkeit und Toleranz. Die gesellschaftlichen Kräfte driften
auseinander. In gewissen Ländern erheben so gar längst überwunden geglaubte
faschistoide Bewegungen wieder ihr hässliches Haupt. Das
Zusammengehörigkeitsgefühl schwindet. Egoistische Partikularinteressen
schwingen obenauf und unterminieren das Fundament der staatlichen
Gemeinschaft.
Denn Partikularismus ist der Geisteszustand, in welchem sich die
gesellschaftlichen Gruppen nicht für verpflichtet halten, mit den anderen zu
rechnen. Sie verlieren, sei es aus Überschätzung der eigenen, sei es aus
Unterschätzung der fremden Kraft, den Maßtab für die eigenen Grenzen und
fühlen sich als unabhängiges Ganzes. Eine Nation jedoch, so lernen wir von
Ortega y Gasset, dem großen spanischen Denker und Essayisten, ist letztlich
"eine große Gemeinschaft von Individuen und Gruppen, die miteinander
rechnen" und sich zur Durchsetzung ihrer Wünsche mit-einander ins
Einvernehmen setzen. (6)
Wie sehr ist doch die Bereitschaft gerade dazu vielerorts gesunken!
Um als Einheit in einem solchen Umfeld zu bestehen, bedarf die Gemeinschaft
starker integrativer Kräfte und Ideale.
Zu den obenerwähnten, die Einheit bedrohenden Entwicklungen gesellt sich
ferner der Umstand, dass wichtige ideelle Grundlagen einer staatlichen
Gemeinschaft oftmals nur noch in Abstraktionen existieren. Demokratie,
Freiheit, Rechtsstaatlichkeit et cetera mögen zwar grundsätzlich
integrierende Prinzipien der betroffenen Länder sein. Allein diese Werte
sind nur spürbar (insbesondere, wenn sie fehlen), aber selten unmittelbar
sichtbar.
Zwar mag sie der Verstand in den staatstragenden Institutionen (Parlament,
Gerichte, Polizei, Armee etc.) mittelbar erkennen, allein, eine emotionale
Bindung vermögen diese oft kaum respektive je länger je weniger zu erzeugen
und die auf eine begrenzte Frist gewählten Politiker zumeist auch nicht.
Die pluralistische, von vielen divergierenden Interessen bestimmte
Gemeinschaft bedarf somit der dauerhaften, einheitsstiftenden und
übergeordneten Idee in emotional erfassbarer Form - sie bedarf der Idee in
Menschengestalt.
Fehlende Verheißung
Und das wichtigste Manko: Es fehlt heute vielerorts die motivierende, die
Menschen begeisternde und anspornende gesellschafts- und staatspolitische
Vision, es fehlt schlicht die Verheißung. Eine Verheißung im positiven Sinne
natürlich, mit ethisch-moralischer, humanitärer Dimension. Greifen wir
nochmals auf Ortega y Gasset zurück, der in seinem scharf-sinnigen Essay
"Aufbau und Zerfall Spaniens" 1921 klar erkannte, dass Gruppen sich nicht zu
einem Staat vereinen, um zusammen zu sein, "sondern um zusammen etwas zu
tun".
In einem grossartigen Rückgriff auf Roms Aufstieg und Zerfall macht er uns
klar: die Kraft der Einheit ist die "Frucht einer Erwartung". "Rom klang
(...) nach großen Unternehmungen, an denen alle mitarbeiten konnten; Rom war
ein Plan zu einer Weltorganisation (...). An dem Tag, an welchem Rom
aufhörte, ein Programm künftiger Taten zu sein, brach das Imperium
auseinander"(7). - An welchem Tag sind wir angelangt?
"Nicht das Gestern, das Vergangene, der überlieferte Besitz ist entscheidend
für die Existenz einer Nation", so lehrt uns Ortega weiter; vielmehr bilden
sich und bestehen Nationen "aus keinem anderen Grund, als weil sie etwas für
morgen vorhaben" .
Der Wohlstand jedoch hat vielerorten satt gemacht und wer satt ist, ist
meistens träge. Man klebt am Vergangenen, am Bequemen.
Doch wirkliches, auch politisches Leben ist offenkundig "eine Tätigkeit, die
nach vorwärts zielt und vom Jetzt auf die unmittelbare Zukunft geht. Der
Widerhall der Vergangenheit genügt nicht zum Leben, wieviel weniger zum
Zusammenleben. Darum sagte Renan, die Nation sei ein tägliches Plebiszit. Im
geheimen Herzen wird Tag für Tag Abstimmung gehalten, ob die Nation in
Wahrheit als solche fortleben kann. Die Frage ist immer aufs neue: Was hält
uns die öffentliche Gewalt an freudiger Zusammenarbeit für den nächsten
Morgen bereit?"
Dies braucht nicht schon ein detailliertes, kohärentes Konzept zu sein, es
genügt die Vorstellung von etwas Wirklichem - "ein ideales Schema von etwas
zu Verwirklichendem, (...) ein Plan, der den Willen stachelt, ein erträumtes
Morgen, fähig, dem Heute Zucht und Richtung zu geben". (8)
Ja, was haben wir hier in Europa für morgen vor? Welcher Traum führt uns?
Ungestillte emotionelle Bedürfnisse und Sehnsucht nach Unsterblichkeit
Zusätzlich bleibt gerade in unserer Welt einer zunehmenden emotionellen
Verarmung und kalter Entmystifizierung, die allerdings nur eine Leere
hinterlassen, die dann niemand mehr erträgt, der Hang des Menschen zur Liebe
und Verehrung eines sichtbaren, der Normalität entrückten Objekts vielfach
ungestillt - allen großen Religionen zum Trotz. In seiner Not nun schafft er
sich Ersatzobjekte. Ihre Zahl ist bekanntlich Legion. Gurus, Sport-, Pop-
und Rockgrößen, Filmstars, Mitglieder des Hochadels et cetera wechseln in
schneller Folge auf der "Verehrungsbühne".
Damit einher geht auch eine Sehnsucht der Völker nach der "einfachen
Sicherheit früherer Rituale" (z.B. einer königlichen Hochzeit), wie Edmund
Leach, Anthropologieprofessor in Cambridge, schreibt; dies um so mehr, "je
komplexer und unpersönlicher die Gesellschaft wird". Bekanntlich leben ganze
Medienkonzerne von den einschlägigen "Berichterstattungen".
Ein weiteres psychologisches Merkmal moderner Gesellschaften ist die
Sehnsucht nach Unsterblichkeit, die Verdrängung des Todes. "Als Individuen
und als Nation brauchen wir die ständige Bestätigung, dass wir trotz der
Unausweichlichkeit des Todes unsterblich sind. Es hat keinen Sinn, den
Glauben an Unsterblichkeit 'irrational' zu nennen - natürlich ist er das,
aber psychologisch ist das Bedürfnis, irgend-eine Sicherheit des Überlebens
zu verspüren, sehr tief verwurzelt", führt Leach weiter aus. (9)
Zur Stillung dieser Sehnsucht bedürfte die staatliche Gemeinschaft somit
einer Institution mit einem Bezug zu einer Ordnung der Zeit, in der das
Werden sichtbar das Vergehen überspielt.
Verfall an politischer Kultur
Zu den letztgenannten, mehr psychologischen Faktoren gesellt sich überdies
in etlichen Staaten ein Verfall an politischer Kultur. Wahlen und Wahlkämpfe
(man denke etwa an das Polittheater von 1992 in Italien um die Kür eines
neuen Staatspräsidenten oder das Gerangel im Vorfeld der deutschen
Bundespräsidentenwahl um den Kandidaten Heitmann) verkommen zur Farce;
Populisten und nicht Staatsmänner drängen nach vorn. Nicht der Tüchtigste
oder der am besten auf das Amt Vorbereitete gewinnt vielfach die Wahl,
sondern der Telegenste. Der Einfluss der Medien und somit die Art, wie sie
jemanden behandeln, mit ihm umgehen, wird wahlentscheidend - gerade für das
höchste Staatsamt vielerorts ein immer wiederkehrendes Vabanquespiel.
Ebenso werden häufig langfristige Interessen der Allgemeinheit kurzsichtigen
Vorteilen einzelner Gruppen geopfert; (komische Auffassung von Ehre im
Spendenskandal der CDU oder die Gratis-Flugreisen gewisser Politiker der
SPD); nur allzu oft auch endet der Machtkampf einzelner in einem Bürgerkrieg
aller.
Politische Müdigkeit, Politik- und Politikerverdrossenheit der Völker sind
darauf nicht selten die Antwort und finden vielerorts in demonstrativer
Stimmabstinenz ihren resignativen Ausdruck.
Unbewußt oder bewusst empfinden die Menschen ein Bedürfnis nach an einer
übergeordneten moralischen Instanz, die glaubwürdig, jenseits politischer
Niederungen, die wichtigsten inneren Werte repräsentiert und vorlebt. Es
fehlt ihnen eine gesellschaftliche, aber politisch neutrale "Mitte".
Doch vergessen wir eines nicht: So gut die Chancen für die Monarchie durch
diese Entwicklungen auch scheinen: Für die Rückeroberung eines Thrones
nützen sie alle nichts, wenn die verfassungsrechtliche Situation dagegen
spricht.
Die wichtigste Chance im politischen Umfeld ist nämlich, dass der
verfassungsrechtliche Status nicht sakrosankt als republikanisch verankert
ist, da sonst alle Versuche, auch eine parlamentarische Monarchie
einzuführen, als verfassungswidrig und damit strafbar angesehen werden
können.
* * *
Wenn diese Hürde jedoch genommen ist, braucht es eigentlich nur noch genug
Aufklärung der Massen über die Vorteile der demokratischen Monarchie. Es
muss ihr klargemacht werden, dass jedes von Menschen geschaffene oder
erdachte System, wie auch das der Demokratie, gewisser Korrektoren bedarf,
um nicht am Ende, durch Übertreibung eines einzigen Prinzips, ins Negative
zu kippen.
* * *
Lassen Sie mich zum Schluss kommen.
Die demokratische Monarchie als stabiler Orientierungspunkt in einer sich in
Windeseile durch Technologie und Innovationen auf allen Gebieten wandelnden
Welt hat sicher auch im 3. Jahrtausend große Chancen, entweder als
Staatsform beibehalten oder sogar neu eingeführt zu werden.
Beides hängt zum einen von der Persönlichkeit des Monarchen rsp.
Thronanwärters und/oder den politischen, wirtschaftliche und sozialen
Gegebenheiten und vor allem der verfassungsrechtlichen Situation im
jeweiligen Land ab.
Doch aller Hindernisse zum Trotz ist eines klar: Die Chancen können nur
genützt werden, wenn, insbesondere die Rückeroberung eines Thrones, mit mehr
Professionalität angegangen wird. Professionell werden rsp. sein heißt:
sich sowohl die modernen Technologien als auch die Erkenntnisse der
Wissenschaft, insbesondere im Bereich der Politik, Psychologie und der
Kommunikation zunutze zu machen, ihre Konsequenzen zu verstehen und mit
einer professionellen Organisationsstruktur anzuwenden. Dass Stadium des
Dilettantismus, der reinen Liebhaberei muss verlassen werden, sonst lassen
sich die Chancen nicht nützen.
Die Monarchie rsp. ihre Exponenten und Anhänger sollten deshalb der Moderne
aufgeschlossen gegenüberstehen. Der Blick zurück hilft nichts oder
jedenfalls immer weniger.
Man kann gewissen Errungenschaften der Moderne durchaus kritisch
gegenüber-stehen wie ich das in meiner Einleitung ja auch angetönt habe,
aber es ist tödlich, die Auswirkungen zu ignorieren oder zu unterschätzen.
Wir haben mit ihnen zu leben und mehr noch, wir haben sie für unsere Zwecke
auch zu nützen. Man mag hier einwenden, dass schon so viele gute
Gelegenheiten auch hierzulande verpasst worden seien, die Monarchie wieder
einzuführen, dass die ganze Bewegung hierfür kurz vor ihrem Ende stehe. In
der Tat, wenn wir die jetzigen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten nicht
nutzen, landen wir wohl bald alle in der Illegalität. Dennoch sollten wir
nicht aufgeben und uns vielmehr an das Wort ihres ersten Bundeskanzlers
Konrad Adenauer erinnern, der einmal bekräftigt hat:
"Wenn die andern glauben, man sei am Ende, dann muss man erst richtig
anfangen" Also, packen wir es an! Ich danke Ihnen.
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Anmerkungen:
1) "Cocooning = Kokon-Dasein. Das traute Heim als Fluchtburg vor Aids,
Rezession und Gewalt. Die cocooner igeln sich ein in Behaglichkeit." (in:
Zabel, Mürra: "Prognosen. Glaube - Zukunft - Popcorn. Der große Umbruch
steht bevor. Ein Soziobeben" in: Schweizer Handelszeitung Nr. 8 vom
25.02.1993
2) Die 18 psychosozialen (symbolischen, psychologischen und
soziokulturellen) Rollen des Königs/ der Königin a) Die Inkarnation
staatstragender Prinzipien b) Die Integrationsfunktion - Lebendiges Symbol
für Einheit und Stabilität c) Der König als stabiler Orientierungspunkt d)
Der König als Hüter gemeinschaftlicher Werte e) Der König als
nicht-politischer Garant politischer Autorität f) König und Königin als
Landesvater respektive -mutter g) Der König als "Hirte" und Verteidiger des
Gemeinwohls - Der König als "ecological inspirer" h) Der König als
nationaler "Ombudsmann" i) Der König als Vermittler (z.B.) bei Streiks k)
Die Vorbildsfunktion - Der König als moralische Autorität und Inbegriff von
Glaubwürdigkeit - Der König als (Kriegs-) Held l) Der König als Objekt der
Verehrung m) Der König als Gewissen der Nation n) Der König als Hort des
Mythos und Vollzieher von Ritualen o) Der König als Träger der "Mitte" p)
Die Identifikationsfunktion - Der König und seine Familie als Ideale und
Sündenböcke q) Der König als Sinnbild oder Ersatz Gottes - die Monarchie als
säkulare Religion r) König als "avenue of communication with the realm of
sacred values" s) Der König und seine Familie als gesellschaftliche Größen
und überforderte Träger des Ideals in: Häusler, René: Herrscher der Herzen?
Vom Sinn des Königtums im 21. Jahrhundert. Die parlamentarische Monarchie
als psychologische Staatsform. Haag und Herchen, Frankfurt/Main 1998
3) Zitat nach Sampson, Anthony: "Charles und die Riten des Königtums". In:
Die Weltwoche Nr. 26 vom 30.06.1982
4) Lochmann, Jan Milic: "Unsere Seelen sind uns nicht nachgekommen". In:
Neue Zürcher Zeitung Nr. 77 vom 02.04.1988
5) Vgl. Anmerkung 1)
6) - 8) Ortega y Gasset, José: "Aufbau und Zerfall Spaniens". In: Gesammelte
Werke Bd. 2; Stuttgart 1978; S 7 - 78
9) Leach Edmund; zit. in: Sampson 1982 (vgl. Anmerkung 3)